Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald

April 1945 Todesmarsch und Waldlager

 

Die Räumung des KZ Sachsenhausen

Die Räumung des Konzentrationslagers Sachsenhausen kostete noch kurz vor der Befreiung mehr als tausend Häftlingen das Leben. Bei Heranrücken der Front wurden am 20. und 21. April 1945 mehr als 33.000 Häftlinge, darunter Frauen und Kinder, von Sachsenhausen zu Fuß Richtung Nordwesten getrieben. Für die meisten von ihnen endete der Marsch mit ihrer Befreiung durch sowjetische und amerikanische Truppen zwischen dem 2. und 4. Mai im Raum Parchim – Ludwigslust – Schwerin, etwa 200 Kilometer von Oranienburg entfernt. Für viele Überlebende des KZ Sachsenhausen gehören der Todesmarsch und das provisorische Lager im Belower Wald auch heute noch zu den eindrücklichsten Erinnerungen an ihre KZ-Haft.

Schon im Herbst 1944 begannen zwischen dem Reichsführer SS Heinrich Himmler und dem Kommandanten des KZ Sachsenhausen Anton Kaindl Gespräche über die Räumung des Konzentrationslagers in der Nähe der Reichshauptstadt. Dabei verfolgte die SS-Führung ursprünglich die Absicht, alle KZ-Häftlinge in einer großen Mordaktion durch Bombenabwürfe, Massenerschießungen oder bei der Versenkung von Schiffen zu töten. Doch als die Rote Armee Anfang Februar 1945 die Oder erreichte, wurden alle diese Pläne als technisch undurchführbar verworfen. Stattdessen erhielt der Erste Lagerarzt den Befehl, alle kranken und marschunfähigen Häftlinge in den Revieren und Schonungsblocks zu selektieren und sie entweder mit großen Transporten in die Sterbelager Bergen-Belsen und Mauthausen abzuschieben oder aber im Industriehof des KZ Sachsenhausen zu ermorden. Die übrigen Häftlinge sollten durch einen schmalen Korridor, der zwischen den Fronten der Westalliierten und der Roten Armee verblieben war, nach Nordwesten getrieben werden.

 

Der Todesmarsch

Die Räumung des Lagers begann am 20. April 1945. Völlig unzureichend gekleidet und ernährt und von der KZ-Haft geschwächt, schleppten sich die Häftlinge unter den Augen der Bevölkerung durch Nordbrandenburg und Mecklenburg. Täglich mussten sie bis zu 40 Kilometer bei nasskaltem Wetter marschieren und in überfüllten Scheunen oder unter freiem Himmel übernachten. Wer nicht mehr weiter marschieren konnte, wurde von der SS erschossen oder erschlagen. Das Gleiche drohte den Häftlingen bei dem Versuch, sich am Wegesrand mit Wasser oder Nahrung zu versorgen. Nur wenigen Häftlingen gelang es, sich von den stark bewachten Kolonnen abzusetzen und zu fliehen. Die Kolonnen durchquerten zahlreiche Städte und Dörfer und marschierten sowohl auf Waldwegen als auch auf belebten Landstraßen, wo sie auf Flüchtlingstrecks und auf die sich zurückziehende Wehrmacht trafen. Die meisten Zuschauer reagierten mit Gleichgültigkeit, nur einzelne boten Hilfe an.

 

Das provisorische Lager im Belower Wald

Auf verschiedenen Routen bewegten sich die Kolonnen Richtung Wittstock. Im Belower Wald nördlich der Stadt sammelte die SS ab dem 23. April 1945 mehr als 16.000 KZ-Häftlinge in einem provisorischen, teilweise mit Stacheldraht eingezäunten Lager. SS-Posten umstellten das Waldstück und überließen die Menschen ohne Nahrung und Unterkünfte sich selbst. Die Bewacher waren in einem Hirtenhaus gegenüber dem Waldlager untergebracht. Auch der KZ-Kommandant quartierte sich für kurze Zeit mit seinem Stab im nahen Dorf Below ein. Nach mehreren Tagen trafen Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes ein, verteilten Lebensmittelpakete und setzten die Einrichtung eines Nothospitals in Scheunen der Umgebung durch. Die Häftlinge im Nothospital wurden am 1. Mai von der Roten Armee befreit.

 

Befreiung

Die Mehrheit der Häftlinge aber wurde weiter Richtung Nordwesten getrieben, am 29. April verließen die Häftlingskolonnen das Waldlager. In der Umgebung der Stadt Crivitz traf der größere Teil der Sachsenhausener Häftlinge auf Frauen aus dem KZ Ravensbrück, deren Todesmarsch sie über das Außenlager Malchow, nicht weit von Below entfernt, geführt hatte. Andere Kolonnen mussten Richtung Ludwigslust marschieren. Je näher die Fronten rückten, desto mehr löste sich die Marschordnung auf, die Bewacher setzten sich zunehmend ab. Viele Häftlinge erlebten die Freiheit, indem sie sich von der SS allein gelassen im Wald vorfanden. In Sicherheit waren sie allerdings erst, als Ost- und Westfront am 4. Mai am Störkanal bei Raben Steinfeld aufeinander stießen. Je nachdem, wo die Häftlingsgruppen sich zwischen dem 2. und 4. Mai befanden, wurden sie von der sowjetischen oder von der amerikanischen Armee befreit.

 

Aussagen von Zeitzeugen des Todesmarsches und des Waldlagers