Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald
Die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen trauert um den französischen KZ-Überlebenden Marcel Suillerot
15. März 2024
Die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen trauert um den französischen KZ-Überlebenden Marcel Suillerot, der am 11. März 2024 in Dijon im Alter von 100 Jahren verstorben ist. „Die Gedenkstätte hat einen liebenswerten Freund und eindrucksvollen Zeitzeugen verloren“, erklärte die stellvertretende Gedenkstättenleiterin Astrid Ley. „Jahrzehntelang besuchte Marcel Suillerot alljährlich zusammen mit dem Verband der französischen Überlebenden und ihrer Angehörigen am Jahrestag der Befreiung im April und beim Gedenken für 27 ermordete politische Häftlinge im Oktober die Gedenkstätte. Häufig trat er dabei ans Rednerpult, sei es in Sachsenhausen, am Klinkerwerk oder in der Todesmarsch-Gedenkstätte in Below. Über die Jahre ist eine tiefe Verbundenheit entstanden, für die wir sehr dankbar sind. Unsere herzliche Anteilnahme gilt in dieser Stunde seiner ganzen Familie, vor allem seiner Tochter Mireille Cadiou Suillerot, die als Präsidentin der Amicale des anciens déportés du camp de concentration d´Oranienburg-Sachsenhausen die Erinnerungsarbeit ihres Vaters weiterträgt.“
Der am 9. Juni 1923 in Dijon geborene Marcel Suillerot wurde Ende 1941 als Mitglied einer Widerstandsgruppe von der französischen Polizei verhaftet und wegen der Verteilung von Flugblättern zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Nach der Haftstrafe folgte die Verlegung in das Internierungslager Rouillé, von wo er Mitte Januar 1943 in das Sammellager Compiègnes transportiert wurde. Gemeinsam mit 1.600 Franzosen wurde er am 23. Januar 1943 in das KZ Sachsenhausen deportiert, wo er nach knapp dreiwöchiger Quarantäne in das Außenlager bei den Heinkel-Flugzeugwerken in Germendorf gelangte. Bis Februar 1945 musste er dort bei der Fertigung von Pilotensitzen Zwangsarbeit leisten. Während der letzten drei Kriegsmonate musste er im Kraftfahrzeugdepot Fahrzeuge reparieren und in einem Räumkommando Bombentrümmer beseitigen.
Ende April 1945 wurde er zusammen mit mehr als 30.000 Häftlingen auf den Todesmarsch geschickt. Seine Befreiung erlebte er am 4. Mai 1945 in Zabel-Ausbau bei Schwerin. Am 22. Mai 1945 kehrte er zurück in seine Heimatstadt Dijon. Bis zu seiner Pensionierung 1978 arbeitete er bei der französischen Eisenbahn SNCF und war Mitglied der Gewerkschaft CGT. Unermüdlich engagierte er sich als Zeitzeuge in Schulen und Jugendeinrichtungen Ostfrankreichs und war lange Jahre Präsident der Vereinigung der Deportierten und Widerstandskämpfer der Côte-d’Or.
Zu einer bewegenden Wiederbegegnung kam es, als Marcel Suillerot 2008 in der Gedenkstätte Sachsenhausen die neue Dauerausstellung in der ehemaligen Häftlingsküche besuchte: In einer Vitrine zu dem Massentransport französischer Häftlinge in das KZ Sachsenhausen, dem er selbst angehört hatte, entdeckte er ein Armband, das er selbst im Außenlager Heinkel heimlich angefertigt hatte. Auf dem Lederarmband ist eine Messingplatte angebracht, auf der er seinen Namen, sein Geburtsdatum und seine Häftlingsnummer 58337 eingravierte hatte. Als Suillerot Anfang 1944 an Diphterie erkrankt war und in das Revier im Hauptlager verlegt wurde, hatte er das Armband abgeben müssen, das schließlich 1982 von unbekannter Hand an die Gedenkstätte übergeben wurde. „Für mich bedeutete dieses Armband, dass ich nicht nur eine Nummer war“, sagte der von der unverhofften Wiederbegegnung sehr berührte Marcel Suillerot.
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